Jugendstil – die Wiener Variante heißt Secession

Time Travel Vienna - Die Geschichte von Wien hautnah

Wann erlebte der Jugendstil seine Blüte in Europa? Wo liegen seine Wurzeln? Wieso wird er so genannt? Warum heißt dieser Stil in Wien Secession? Welches Wiener Gebäude kann als Meistwerk des Jugendstils bezeichnet werden?

 

Die Wurzeln des Jugendstils liegen in der englischen „Arts and Craft“ Bewegung, die eine Antwort

auf die Industrialisierung des 19. Jh. war. Speziell in England nahm die Industrialisierung bereits im

  1. ihren Anfang. Das Ziel war die kunsthandwerkliche Tradition zu bewahren und nicht komplett der Massenproduktion zu verfallen.

Die Idee war, dass Kunst und Handwerk sich nicht ausschließen. Ein Handwerk sollte funktional sein, aber auch nicht einer gewissen Ästhetik entbehren. Zusätzlich sollte das Kunsthandwerk auch Freude bereiten. In welchen Bereichen? Architektur, Malerei, Bildhauerei, Möbeldesign, Schmuck, Glas etc. Die Natur als Formgeber war offensichtlich.

Wie erkennt man den Jugendstil?

  • Florale Dekoration (Blumen)

·         Geometrische Formen

  • Fließende Linien

·         Symbolhafte Figuren (z.B. Adler, Eule, Löwe)

Seine Blütezeit erlebte der Jugendstil von ca. 1890 – 1910. In Deutschland wird er unter dem Namen Jugendstil bekannt, benannt nach der Münchner Kunstzeitschrift „Die Jugend. Im restlichen Europa wird der Kunststil „Art Nouveau“ genannt. In Österreich und im speziellen in Wien nennt man ihn auch Secessionsstil – nach der Abspaltung der Künstler 1897 vom traditionellen bisher vorherrschenden Stil des Historismus. Dies gipfelte im Bau der Wiener Secession, einem Ausstellungshaus, dessen erster Präsident Gustav Klimt war.

Auch die Formen und Ausdrucksart unterschied sich in ganz Europa. Während beim Art Nouveau eher florale verspielte Formen vorherrschen (z.B. in der Pariser Architektur), dominierte in Wien eher der geometrische, eckige Jugendstil. Wien entwickelte seine eigene Formsprache in der Kunst und Architektur, die heute in den Museen und im Straßenbild präsent ist.

Eine wichtige Rolle spielte der Wiener Jugendstil in der Malerei, im Möbeldesign und in der Architektur. Widmen wir uns zunächst der Malerei, Graphik, Plakatgestaltung, Bühnenbildern und Illustration. Gustav Klimt, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Richard Gerstl, Franz Matsch, Carl Moll, Max Kurzweil, Alfred Roller waren die bekanntesten Vertreter des Jugendstils in Österreich. In zahlreichen Wiener Museen (Belvedere, Leopold-Museum, Wien-Museum, Secession, Klimt- Villa) können die Werke der Maler bewundert werden.

Beim Möbeldesign kommt sofort das Museum für Angewandte Kunst (MAK) ins Gedächtnis. Hier können Sie die schönsten Stücke der Wiener Werkstätte bestaunen. Diese wurde 1903 durch Josef Hoffmann, Koloman Moser und Fritz Wärndorfer gegründet, ging 1932 pleite, aber die Werke sehen sie heutzutage im MAK. Auch im Leopold-Museum und im Hofmobiliendepot können Sie sich vom Wiener Jugendstil beeindrucken lassen.

In der Architektur ist der Jugendstil am präsentesten in Wien. Ein Pionier auf diesem Gebiet war Otto Wagner. Keiner anderer brach so sehr mit den Traditionen und prägte die Stadt so wie er. Vieles

 

ist heute erhalten und denkmalgeschützt. Wäre Kaiser Franz Joseph nicht so konservativ gewesen, hätten wir noch mehr Jugendstilbauwerke in Wien. Otto Wagner konnte nur ca. die Hälfte seiner Vorhaben realisieren.

Beginnen wir an der Ringstraße. Die Wiener Postsparkasse ist ein typisches Beispiel der neuen Bauweise des Jugendstils. Das Gebäude steht genau vis-a-vis des noch im „alten historistischen Stil“ errichtete ehemaligen Kriegsministeriums. Markanter könnten die Unterschiede kaum präsentiert werden. Beim Stadtpark sehen wir Pavillons, die eindeutig an Otto Wagner erinnern. Generell können Sie bei den Farben Weiß, Grün und Gold von Otto Wagner als Architekten ausgehen.

Am Karlsplatz sehen wir weitere Gebäude von Otto Wagner. Seine beiden schön verzierten Pavillons. Eines dient als Café, das andere ist Otto Wagner gewidmet und zeugt von seinem Schaffen. Die Secession (das weiße Gebäude mit den goldenen Lorbeerblättern) leuchtet bereits in der Ferne und zieht sowohl Jugendstil, als auch Beethovenfans an. Im Untergeschoß befindet sich der Beethovenfries von Gustav Klimt. Architekt des Gebäudes war übrigens Joseph Maria Olbrich.

Entlang der Linken Wienzeile finden Sie die ehemaligen Wohnhäuser von Otto Wagner, wo er sich selbst ein Denkmal gesetzt hat. Bezaubernd anzusehen sind beide Häuserfassaden nebeneinander mit vergoldeten Ornamenten und bunten Majolikakacheln. Am Wiener Graben gibt es ebenfalls einen Dachausbau von Otto Wagner.

Die ehemalige Stadtbahn und deren Stationen (heute U6, U4, S45) gehen ebenfalls auf Otto Wagner zurück. Sein Meisterwerk ist sicher die Kirche am Steinhof. Sie befindet sich am Gelände des psychiatrischen Krankenhauses Baumgartner Höhe. Die Details sind faszinierend und können im Zuge von Führungen besichtigt werden. Die Kirche ist zwar katholisch, gehört aber nicht der Erzdiözese, sondern der Gemeinde Wien.

Die Kirche war von Anfang an umstritten. Bei der Eröffnung im Oktober 1907 hatte sich Kaiser Franz Joseph gleich entschuldigt und schickte stattdessen seinen Neffen Erzherzog Franz Ferdinand. Gemäß einer Anekdote soll dieser zu Otto Wagner gesagt haben, dass die theresianische Bauweise noch immer die schönste sei. Daraufhin meinte Wagner: Zu Zeiten Maria Theresias seien die Kanonen auch verziert gewesen, aber heute wären sie effektiver. Danach soll Wagner keine Aufträge mehr aus dem Kaiserhaus bekommen haben.

Die Ankeruhr von Franz Matsch ist ein bedeutendes Kunstwerk des Jugendstils am Hohen Markt. Für den Erwerb von Glaskunstgegenständen ist der Besuch von J. & L. Lobmeyr (Glaskunst) auf der Kärntner Straße empfehlenswert. In der Loos-Bar am Kärntner Durchgang können sie im Jugendstil-Ambiente Cocktails trinken, sofern Sie einen Platz finden. Die Bar misst nur 4x6m und ist immer überfüllt.

Adolf Loos mit dem berühmten Loos-Haus am Michaelerplatz wird fallweise auch zum Jugendstil gezählt, allerdings könnte man seine Werke eher seinem eigenen Loos-Stil zuschreiben.

Das Ende des Jugendstils in Österreich kann man mit dem Ende des 1. Weltkriegs beziffern. 1918 war der Zusammenbruch der Monarchie und auch das Todesjahr von vier bedeutenden Künstlern des Jugendstils: Otto Wagner, Gustav Klimt Koloman Moser und Egon Schiele verstarben alle 1918.

Time Travel Tipp: In Wien begegnet Ihnen der Jugendstil auf Schritt und Tritt. Es lohnt sich die Augen offen zu halten und nach oben zu schauen. Etwas Besonderes ist der Besuch der Jugendstil-Toilette am Graben. Diese liegt gleich um die Ecke von Time Travel und macht das Flair der Jahrhundertwende am stillen Örtchen lebendig.

 

 

 

 

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